Bad Münstereifel/NRW. Vor acht Monaten verwüstete das Hochwasser in der Eifel viele idyllische Gemeinden an Erft und Urft. So auch Bad Münstereifel. Viele Betroffene warten immer noch auf das von der Regierung versprochene Geld für den entstandenen Schaden an Hab und Gut, Wiederaufbau oder die Restaurierung ihrer Häuser. Das Gemeindeleben liegt vielerorts noch weitgehend brach. Die Menschen plagen Sorgen. Viele sind traumatisiert. Um noch näher an den Betroffenen zu sein, haben die Malteser jetzt auch in Bad Münstereifel ein festes Fluthilfe-Beratungsbüro eingerichtet. Es ist das fünfte in der Region. Am 1. April wird es offiziell eröffnet.
Aber schon seit Anfang März hat Axel Rottländer, der Projektleiter der Malteser Fluthilfe in NRW, hier Betroffene an zwei Tagen in der Woche selbst beraten. Er will die Sorgen und Nöte der Menschen in Flutgebieten aus erster Hand kennenlernen und will die Prozesse weiter optimieren, damit den Menschen möglichst unkompliziert geholfen werden kann.
Die Fluthilfe-Beratung ist in blauen Büro-Containern eingerichtet. Sie stehen in der Nähe des Eifelbades am hinteren Ende links auf dem großen Parkplatz, der zum Outlet in Bad Münstereifel gehört.
Axel Rottländer berichtet: „Wir haben dort gemeinsam mit unserer Partnerhilfsorganisation „Adra“, einem Bündnispartner der „Aktion Deutschland Hilft“, ein Angebot installiert, was sich zum einen auf die Fluthilfe-Beratung zum Wiederaufbau erstreckt.“ Das bedeutet, Betroffene können 80 Prozent der Kosten für den Wiederaufbau ihrer von der Flut zerstörten oder beschädigten Häuser vom Staat bekommen. Bis zu 20 Prozent können sie von den Maltesern aus Spendenmitteln dazu bekommen, je nach Fall. Rottländer: „Wir erklären, was zu tun ist, helfen bei den Anträgen.“ Termine könne man bekommen, indem man das Büro über die Hotline 06723/685578 anrufe oder eine Mail an fluthilfe.bad-muenstereifel@malteser.org schicke.
Eine weitere wichtige Beratungsdienstleistung bestehe darin, dass die Malteser psychologische Unterstützung organisieren. Die gibt es in verschiedenen Abstufungen. Rottländer: „Es gibt dort einen Psychotherapeuten, der stundenweise Therapiegespräche anbieten kann. Wir bieten aber auch niedrigschwellige Angebote an. Dabei arbeiten wir mit dem psychologischen Netzwerk Bad Münstereifel zusammen, das uns Experten zur Verfügung stellt. Die können dort ehrenamtlich Flutbetroffene unterstützen.“
Als dritten Aspekt wollen die Malteser in Bad Münstereifel so genannte „Gemeinwesen-Projekte“ anbieten. Das sind Aktivitäten, die der Gemeinschaft zugutekommen. Das kann beispielsweise ein Vereinsheim sein, das bezuschusst wird. Das kann ein Dorfplatz oder ein Kinderspielplatz sein, der gebaut wird. Das können generell Aktionen für Kinder sein, wie beispielsweise Ferienfreizeiten. Rottländer: „Diese Aktivitäten sollen nicht Einzelnen dienen, sondern einer ganzen Gruppe von Menschen gewidmet sein. Sie sollen gemeinsam etwas unternehmen. Wir können eine Palette verschiedener Möglichkeiten abdecken und sind offen für neue Ideen.“
Dabei arbeiten die Malteser auch eng mit den Kommunen und Gruppen vor Ort zusammen, stehen mit Bad Münstereifel im regelmäßigen Austausch. Rottländer: „Wir möchten nicht am Bedarf vorbei agieren, sondern dort helfen, wo es nötig ist. Uns ist es wichtig, ein Angebot zu machen, das sich eng an den Bedürfnissen der Menschen in Bad Münstereifel orientiert.“ Deshalb stimmen die Malteser sich mit den Verwaltungsstrukturen ab, aber auch mit zivilgesellschaftlichen Initiativen. Rottländer: „Das psychologische Netzwerk in Bad Münstereifel ist auch ein wichtiger Partner für uns, weil wir auch darüber sehr viel über die Bedürfnisse der Menschen vor Ort lernen.“
Wer ist im Fluthilfebüro ansprechbar?
Im Kreis sind die Malteser bereits seit Monaten präsent und auch immer wieder mobil in Bad Münstereifel unterwegs gewesen. Rottländer: "Aber das war uns zu wenig. Pläne, hier auch ein festes Fluthilfebüro zu eröffnen, haben wir seit August 2021. Es gab aber zunächst Probleme, die passenden Container zu beschaffen. Wir haben Niklas Schmitz eingestellt, der ab dem offiziellen Start am 1. April regelmäßig im Container als Berater ansprechbar ist.“ Er hoffe, dass das Container-Angebot in Bad Münstereifel dauerhaft bestehen bleibe, sagt Rottländer. „Wichtig ist aber, dass die Menschen, die uns sprechen wollen, vorher über die Hotline anrufen oder per Mail einen Termin mit uns vereinbaren.“ Es könne schon mal sein, dass die Berater zwischendurch auch andere Termine wahrnehmen müssten.
Rottländer: „Wir Malteser sind regemäßig im Ort, genauso wie die Ehrenamtlichen des Psychologischen Netzwerks. Wer deren Kontakt sucht, meldet sich bei uns und wir vermitteln dann schnell und unkompliziert weiter. Entweder zu unserem Psychologen, mit dem wir kooperieren, oder zum psychologischen Netzwerk.“ Der Betrieb laufe noch an, erklärt Rottländer. Seit dem 1. März waren die Container schon dreimal die Woche besetzt. Montags, mittwochs und freitags, jeweils von 9 bis 17 Uhr. Ab dem 1. April ist das Büro dann täglich geöffnet.
Wieso hat der Chef der Malteser NRW Fluthilfe auch selbst im Container beraten?
Rottländer: "Das hat zwei Gründe: Einmal, um den Service möglichst schnell anbieten zu können. Und dann ist auch für mich als Projektleiter für ganz NRW wichtig, einen guten Kontakt zu den Bedürfnissen der Menschen zu behalten und in persönlichen Gesprächen zu hören: Welche Herausforderungen haben die Menschen nach der Flutkatastrophe zu bewältigen? Wie können wir ihnen am besten helfen? Wie passen unsere Hilfsangebote zu den Bedürfnissen? Funktionieren unsere Prozesse? Können wir die Menschen schnell und kompetent beraten? Solche Fragen haben mich interessiert. Ich wollte einen direkten Eindruck bekommen.“
Und wie lauten die Antworten auf diese Fragen?
Rottländer: „Unsere Prozesse laufen grundsätzlich gut, obwohl es für uns Malteser und die anderen Hilfsorganisationen ganz neue Erfahrungen sind, die wir seit der Flut im eigenen Land gemacht haben. Klar müssen wir hier und da nachsteuern. Aber wir Malteser haben Methoden entwickelt, die die Menschen zielgerichtet unterstützen.“
Was bedrückt die Menschen im Flutgebiet?
Die Beantragung und Bewilligung der staatlichen Hilfe dauere aus Sicht der Betroffenen zu lange, berichtet Rottländer. „Ich habe erst ein paar Fälle gesehen, bei denen mir die Betroffenen gezeigt haben, dass sie die jetzt erste Rate von Staat erhalten haben.“
Das zweite Problem sei der Wiederaufbau. Rottländer: „Handwerker waren schon vorher knapp. Aber jetzt sind in der Region aufgrund der hohen Nachfrage kaum noch Handwerker zu bekommen. Ferner müssen die Betroffenen nun mit steigenden Baustoffpreisen und Energiepreisen kalkulieren. Das treibt ihnen weitere Sorgenfalten auf die Stirn.“ Das seien die praktischen Herausforderungen.
Und das dritte Problem seien psychischen Herausforderungen. Rottländer erläutert: „Das Erlebte zu verarbeiten, ist für die Betroffenen schwierig. Die meisten Menschen werden mit diesen schlimmen Erfahrungen aber ganz gut selbst fertig. In der Familie und im Bekanntenkreis werden diese Menschen aufgefangen.“ Aber es gebe auch einen Anteil von Menschen, die etwas mit sich herumtrügen, womit sie allein nicht fertig würden. Rottländer: „Dafür entwickeln wir zum einen niedrigschwellige Angebote. D. h. man kann sich bei einer Tasse Kaffee ungezwungen mit anderen gleichsam Betroffenen austauschen.“ Es helfe manchmal schon, sich die Sorgen von der Seele zu reden. Darüber hinaus gebe es Traumatisierungen, die die Betroffenen im täglichen Leben belasteten. Rottländer: „Dafür stellen wir Experten zur Verfügung, die solche Probleme gemeinsam mit den Betroffenen angehen können. Zusätzlich gibt es auch noch Psychotherapieangebote, die wir über einen begrenzten Zeitraum anbieten können.“
So können Sie das Fluthilfe-Büro erreichen:
Malteser Fluthilfe Büro
Im Goldenen Tal 10
53902 Bad Münstereifel
Hotline: 06723/685578
Mail: fluthilfe.bad-muenstereifel@malteser.org